Kleiner Knigge für Online-Meetings – Zwölf Tipps wie „aus dem realen Leben“ 0 279

Zu Beginn der Pandemie waren Online-Meetings für viele totales Neuland und oft reine Notlösungen. Deshalb wurden anfangs Nachlässigkeiten und so manch Ungeschicktes oder Unüberlegtes relativ großzügig verziehen. Diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen gehören virtuelle Zusammenkünfte zum festen Bestandteil vieler Berufsgruppen und es wird ein "Mindeststandard" nicht nur von technischen Voraussetzungen, sondern auch von höflichem und wertschätzendem Verhalten allen Teilnehmenden gegenüber erwartet.

Dass es daran bedauerlicherweise manchmal mangelt, ist vermutlich dieser Tatsache geschuldet: Zwischen „realem“ und „virtuellem“ Leben gibt es bei Meetings keinen Unterschied, was wünschenswerte Verhaltensweisen angeht. Auch in Präsenz finden sich immer mal wieder solche, denen es völlig egal zu sein scheint, ob sie andere ärgern, nerven oder bei ihnen gar das Gefühl von missachtet werden erwecken. Der Umkehrschluss bedeutet: Alle Höflichkeitsformen, die für ein Face-to-face-Treffen empfehlenswert sind, gelten – teils in verstärktem Maß – auch für Online-Zusammenkünfte. Dazu und zu einigen weiteren speziellen Anforderungen die folgenden Tipps.

1. Vorbereitung allgemein

Soll ein Meeting produktiv sein und innerhalb relativ kurzer Zeit verwertbare Ergebnisse bringen, braucht es eine gute Struktur – ganz gleich, in welcher Form es stattfindet. Hilfreich dazu ist zum Beispiel die an alle Teilnehmenden vorab verschickte Definition von Zielen, am besten direkt zusammen mit einer Agenda. Diese dient später dazu, als Leitfaden das Meeting zu strukturieren, und die einzelnen Punkte kontinuierlich und effizient abzuarbeiten.

Ein Online-Meeting braucht noch dringender eine gute Moderation als eines in Präsenz. Man suche dazu eine Person aus, die möglichst viele – im Idealfall alle – der Teilnehmenden kennt. Außerdem sollte sie fachliche Qualifikation sowie die Fähigkeiten besitzen, sowohl kompetent durch die Agenda zu führen, als auch notfalls einen Monolog freundlich zu beenden, der auszuufern droht. Auch zu Beginn die Regularien festzulegen, wie man sich bemerkbar macht – etwa mit Handzeichen, einfach drauflosreden, Fragen in den Chat schreiben -, fällt in diesen Aufgabenbereich.

2. Vorbereitung speziell

Ob man sich aus dem Home-Office oder dem Firmenbüro zuschalten will: Einige Vorbereitungen sind ratsam. So sollte man sicher stellen, dass die Technik funktioniert, und Kamera, Mikrofon und den Zugang zum virtuellen Raum im Griff sowie eine stabile Internetverbindung bestehen. Wer weiß, dass die WLAN-Verbindung unzuverlässig ist, tut gut daran, entweder eine „Strippe“ nicht nur in Reserve zu halten, sondern sie vorsichtshalber anzuschließen oder sich um eine alternative Internet-Zugangsmöglichkeit zu kümmern.

Aufräumarbeiten sind sowohl im Raum – mindestens im gesamten Umfeld, welches die Kamera erfassen kann – sowie auf dem Desktop zu empfehlen. Man sorge für einen ruhigen Hintergrund und beachte den Lichteinfall am Platz. Die ungünstigste Positionierung wäre mit dem Rücken vor einem Fenster – Gesicht wird dann zum dunklen Fleck, also unkenntlich.

Werden für einzelne Punkte der Agenda Unterlagen gebraucht, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, diese vorher griff- beziehungsweise klickbereit parat zu haben. Und auch, bereits vor Beginn des Meetings dafür zu sorgen, dass Störendes vermieden wird, zeugt von Umsicht und Rücksichtnahme. Dazu zählt es etwa, Geräusche so gut es geht auszuschließen – beispielsweise den Lärm einer Baustelle auf der Straße durch das Schließen der Fenster – beziehungsweise zu vermeiden – wie durch das Lautlosstellen des Smartphones.

3. Angemessene Kleidung

„Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren!“ Ob dieses Zitat wirklich von Karl Lagerfeld stammt, wird bezweifelt. Sicher hingegen ist: Was relativ viele Menschen anfangs im Home-Office für Video-Konferenzen als „neue Business-Kleidung“ erfanden, bestand „untenrum“ aus einer Jogginghose. Es gibt zwei Gründe dafür, warum das unklug ist.

Erstens: Es kann trotz aller Umsicht passieren, dass jemand während eines Online-Meetings aufzustehen hat. Peinlich, wenn dann das „Oben-hui-und-unten-pfui-Outfit“ sichtbar wird. Zweitens: Wie wir uns kleiden hat nicht nur eine Außenwirkung – die übrigens sehr stark ist. Es wirkt sich auch darauf aus, wie wir uns fühlen – und zwar ebenso intensiv! Da es sowieso schon erhöhte Anforderungen an einen Menschen stellt, wenn sich verschiedene Spielfelder des Lebens vermischen, ist es hilfreich, dies nicht noch durch „gemischte Kleidung“ zu verstärken. Man sollte deshalb auch im Home-Office eine dem Beruf angepasste Kleidung wählen – und das von oben bis unten.

4. Pünktlichkeit

„Wer anderen die Zeit stiehlt, handelt rücksichtslos!“ Dieser Satz gilt online wie offline. Wobei sich wie auch manchmal im realen Leben hier die Frage stellt: „Wie pünktlich ist pünktlich?“ Im Falle eines Online-Meetings bedeutet das: Sich nicht erst zur angegebenen Uhrzeit des Beginns vor den Rechner setzen, sondern sich früh genug einwählen, bestenfalls etwa fünf Minuten vor der Zeit.

5. Freundlicher Einstieg

Es ist eine der Aufgaben der moderierenden Person, allen Teilnehmenden zu Beginn des Treffens die Gelegenheit zu einem freundlichen Gruß zu geben. Kennen sich nicht alle bereits, gehört dazu auch eine Vorstellung mit Namen und beruflicher Position. Ob das jede Person für sich selbst tut oder das von der Moderation übernommen wird, ist reine Absprachesache und gleichermaßen höflich.

6. Essen und Trinken

Vermutlich käme niemand auf die Idee, in einer herkömmlichen Konferenz die Butterstulle auszupacken oder das mitgebrachte Fast-Food zu verzehren. Warum also in einem Online-Meeting überhaupt über das Essen während dieser Zeit nachdenken? Es gehört dort ebenso wenig hin, stört, hindert unter Umständen daran, deutlich zu sprechen und vermittelt den Eindruck, dass die Zusammenkunft wenig bis keinerlei Wichtigkeit für die essende Person hat.

Bei Getränken ist die Lage etwas anders, da solche üblicherweise bei herkömmlichen Treffen angeboten werden. Braucht man bei längeren Web-Konferenzen – oder weil man zwischen mehreren kurzen keine Pausen hat – Erfrischungen wie Kaffee oder andere Getränke, platziert man diese, bitte, mit Bedacht. Bei zu nahe an einem Mikrofon stehenden Utensilien stört das Klappern oder Klirren von Kaffeetassen oder Gläsern nachhaltig.

7. Mikrofon ausschalten, Kamera anlassen

Auch andere Nebengeräusche während eines virtuellen Treffens können äußerst störend sein. Und sei es nur Schnaufen und Räuspern. Deshalb sollte jeweils ausschließlich die gerade sprechende Person das Mikrofon für die Tonübertragung eingeschaltet haben und der „ganze Rest“ sich stummschalten. Ausgenommen davon ist lediglich die moderierende Person.

Anders ist das bei der Kamera. Wer sich durch deren Abschalten ausklinkt, kann bei den anderen Teilnehmenden schnell Unmut erwecken. Tenor: Da will sich jemand verstecken oder hat keine Lust mehr, an unserem Meeting teilzunehmen. Das kann schnell als Missachtung empfunden oder von manchen als „der Video-Meeting-Fauxpas“ schlechthin betrachtet werden. Die Ausnahme: Es gibt technische Notwendigkeiten oder praktische Absprachen.

8. Aussprache, Körpersprache, Mimik

Es ist bei der virtuellen Kommunikation besonders auf die Aussprache und die Tonlage zu achten. So sollte man langsam, ruhig und deutlich sprechen und regelmäßig Pausen machen. Damit erleichtert man eine bessere Verständlichkeit. Es ist zu bedenken, dass ausladende Gestik im wahrsten Sinne des Wortes den Rahmen sprengt und deshalb besser zu vermeiden ist.

Freundliches Lächeln hingegen ist bei der Mimik das Nonplusultra. So wie ein Lächeln am Telefon zu „hören“ ist, verändert es auch in einer Video-Konferenz die Stimme positiv. Außerdem kann ein ernstes Gesicht auf dem Bildschirm sehr schnell gelangweilt bis griesgrämig wirken. Negative Signale sendet es auch, wenn sich jemand auf dem Stuhl „rumlümmelt“ und sich halb liegend vor dem Rechner präsentiert. Eine aufrechte Sitzhaltung, die Zugewandtheit und Interesse signalisiert, sollte auch bei Online-Meetings eine Selbstverständlichkeit sein.

9. Zuhören und andere ausreden lassen

Was laut einer Umfrage bei den meisten Deutschen zu den wichtigsten Höflichkeitszeichen zählt und allgemein im Beruf wie privat gilt, ist natürlich digital ebenso gefordert: Andere im Gespräch ausreden lassen. So sollte man sich also auch in Online-Meetings in dieser Tugend üben, selbst wenn sich das per Video manchmal schwieriger gestaltet als bei Offline-Begegnungen, weil es zu zeitlichen Verzögerungen kommt. Zudem gilt es, die Fähigkeit des aktiven Zuhörens einzusetzen. Es ist die „Spitzendisziplin“ bei allen Gesprächen und gerade dann ein unentbehrliches Hilfsmittel, wenn Menschen sich nicht persönlich gegenübersitzen.

10. Auf Multitasking verzichten

Die Versuchung ist groß, während eines Online-Meetings andere Dinge nebenher zu erledigen, wenn man sich gerade nicht aktiv beteiligt. Eben nur kurz soziale Netzwerke checken, schnell noch die eine E-Mail fertig schreiben oder nebenher fix etwas posten oder googeln – was soll daran schon Schlechtes sein? Einiges. Erstens ist Ihre Aufmerksamkeit für die gemeinsame Aktivität zumindest geschmälert, wenn nicht komplett verschwunden. Zweitens ist es wenig wertschätzend für die weiteren Beteiligten, wenn sonstige Tätigkeiten offensichtlich wichtiger sind als das Meeting. Meistens bleibt es nämlich nicht verborgen, wenn sich jemand anderweitig beschäftigt. Drittens ist es inzwischen wissenschaftlich belegt: Der Mensch ist zwar in der Lage, mehreres zeitgleich nebeneinander zu erledigen, jedoch dieses keinesfalls zu jeweils 100 Prozent. Es dient also sowohl dem eigenen Vorteil als auch dem wertschätzenden Verhalten, auf solche Nebenbeschäftigungen zu verzichten.

11. Ein Abschiedsgruß

„Das wars für heute!“ tönt es seitens der Moderation. Für manche das Zeichen, Kamera und Mikrofon stehenden Fußes zu deaktivieren und sich mit einem erleichterten Seufzer schnellstens zurückzuziehen. Im „echten Leben“ empfinden es die meisten Menschen als sehr unhöflich, wenn jemand ein Treffen ohne einen Abschiedsgruß verlässt. Das wird im virtuellen Raum genauso eingestuft. Deshalb ist ein freundliches „Tschüs“, „Auf Wiedersehen“ oder eine andere Abschiedsformel empfehlenswert, ehe man sich ausklinkt.

12. Protokoll erstellen

Je nach Inhalt eines Meetings empfiehlt es sich, ein gemeinsames Protokoll anzufertigen, um die Ergebnisse einer virtuellen Zusammenkunft nachhaltig festzuhalten. Diese Aufgabe wird am besten von der moderierenden Person zu Beginn des Treffens verteilt, falls nicht eine technische Hilfe in Anspruch genommen werden soll. Zahlreiche Videokonferenz-Tools verfügen über eine Aufzeichnungsfunktion. So kann das Treffen für diejenigen aufgenommen werden, die verhindert waren, um sich zu informieren und sich auf den aktuellen Stand zu bringen.

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Ana Karen Jimenez ist Redakteurin beim Deutschen Coaching Fachverlag und hat ihren Bachelor in Literaturwissenschaften und Spanisch an der Eberhard Karls Universität Tübingen abgeschlossen. Sie ist in den Magazinen für lesenswerte Ratgeber und vielfältige Kundentexte verantwortlich.

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